20.01.2006

Frauenpower bei der Fastnacht
Gaudiwurm: „Holde Weiblichkeit“ führt das Regiment – Emanzipation hat auch vor Gott Jokus’ Reich nicht Halt gemacht – Erste Kampagne für Barbara Schaab

HEPPENHEIM. Aufhellendes zur Geschichte der Heppenheimer Fastnacht hat auch Lorenz Flath zusammengetragen. In einem 1950 veröffentlichten Zeitungsbeitrag verweist er auf eine 1839 abgehaltene „Chaisenfahrt“, die – ganz nach Mainzer Vorbild – durch die Straßen der Kreisstadt gezogen war. Sehr viel später, im Januar 1929, stellte der Sängerbund 03 einen Narrenwurm auf die Beine.

Mit ihren Motiven huldigten die Sänger besonders Ferdinand Graf von Zeppelin (1838 bis 1917). Die nach ihm benannten Luftschiffe regten die Fantasie der Wagenbauer an und fuhren in närrischer Gestalt vom Bahnhof aus quer durchs Städtchen hinauf in den Saalbau an der Wilhelmstraße, wo am Abend dann offenbar zum Ringelpietz mit Anfassen eingeladen wurde. Originaltext aus dem Inserat: „Strömt herbei ihr Narrenscharen. Zum Sängerbund seim Maskebaal. Da könnt ihr tanzen nach Fanfaren. Im Kärchners Wilhelm größtem Saal.“

Inzwischen rechnen Heppenheims Fassebutze nach eigenen Begrifflichkeiten. So werden von ihnen alle Aktivitäten nach 1945 unter die Rubrik „Neueste karnevalistische Zeitrechnung“ eingeordnet. AOK-Direktor Philipp Knapp machte 1949 als quasi erster Zugmarschall den Anfang. Mit von der Partie damals: das Prinzenpaar Erika Pfattheicher/Oskar Widmer und die mit Schärm und Kärwel ausgestattete „Lissebärwel“ Georg Matthias Friedrich.

Hans Eberhard, Karl Pfeifer und Werner Hell, die heutigen Ehrenzugmarschälle, setzten Philipp Knapps Arbeit fort, in den letzten Jahrzehnten immer unterstützt von Schirmherren. Diese Ehre wird beim Umzug am 26. Februar den Kirschhäuser Saimarkt-Sängern zuteil: Franz Rothermel, Jürgen Held, Hans Schäfer, Eberhard Ulmen, Armin Stabnow und Werner Dörr.

Mit Barbara Schaab aus dem Stadtteil Ober-Laudenbach wird in dieser Kampagne erstmals eine Frau das Oberregiment führen. Die Emanzipation hat auch in der einst nur ausschließlich von Männern dominierten Fastnacht Einzug gehalten. Zwar gehörten schon früher Ballettmädchen und Gardetänzerinnen ebenso dazu wie einst Sponheimers „Margittsche“ mit ihrem „Gäll, du hast mich gälle gern“; richtig zu melden hatte die holde Weiblichkeit aber nichts. Das hat sich geändert, und zwar gründlich. Ein Elferrat, der nicht nur Orden auf der Bluse trägt, sondern unter dieser Bluse auch noch etwas „anderes“ hat, wäre vor noch gar nicht allzu langer Zeit unvorstellbar gewesen. Ohne Frauenpower kann auch Prinz Karneval nicht mehr auskommen.