Frauenpower bei der Fastnacht
Gaudiwurm: „Holde Weiblichkeit“ führt das Regiment – Emanzipation
hat auch vor Gott Jokus’ Reich nicht Halt gemacht – Erste Kampagne
für Barbara Schaab
HEPPENHEIM. Aufhellendes zur
Geschichte der Heppenheimer Fastnacht hat auch Lorenz Flath
zusammengetragen. In einem 1950 veröffentlichten Zeitungsbeitrag
verweist er auf eine 1839 abgehaltene „Chaisenfahrt“, die – ganz
nach Mainzer Vorbild – durch die Straßen der Kreisstadt gezogen war.
Sehr viel später, im Januar 1929, stellte der Sängerbund 03 einen
Narrenwurm auf die Beine.
Mit ihren
Motiven huldigten die Sänger besonders Ferdinand Graf von Zeppelin
(1838 bis 1917). Die nach ihm benannten Luftschiffe regten die
Fantasie der Wagenbauer an und fuhren in närrischer Gestalt vom
Bahnhof aus quer durchs Städtchen hinauf in den Saalbau an der
Wilhelmstraße, wo am Abend dann offenbar zum Ringelpietz mit
Anfassen eingeladen wurde. Originaltext aus dem Inserat: „Strömt
herbei ihr Narrenscharen. Zum Sängerbund seim Maskebaal. Da könnt
ihr tanzen nach Fanfaren. Im Kärchners Wilhelm größtem Saal.“
Inzwischen
rechnen Heppenheims Fassebutze nach eigenen Begrifflichkeiten. So
werden von ihnen alle Aktivitäten nach 1945 unter die Rubrik
„Neueste karnevalistische Zeitrechnung“ eingeordnet. AOK-Direktor
Philipp Knapp machte 1949 als quasi erster Zugmarschall den Anfang.
Mit von der Partie damals: das Prinzenpaar Erika Pfattheicher/Oskar
Widmer und die mit Schärm und Kärwel ausgestattete „Lissebärwel“
Georg Matthias Friedrich.
Hans
Eberhard, Karl Pfeifer und Werner Hell, die heutigen
Ehrenzugmarschälle, setzten Philipp Knapps Arbeit fort, in den
letzten Jahrzehnten immer unterstützt von Schirmherren. Diese Ehre
wird beim Umzug am 26. Februar den Kirschhäuser Saimarkt-Sängern
zuteil: Franz Rothermel, Jürgen Held, Hans Schäfer, Eberhard Ulmen,
Armin Stabnow und Werner Dörr.
Mit Barbara
Schaab aus dem Stadtteil Ober-Laudenbach wird in dieser Kampagne
erstmals eine Frau das Oberregiment führen. Die Emanzipation hat
auch in der einst nur ausschließlich von Männern dominierten
Fastnacht Einzug gehalten. Zwar gehörten schon früher Ballettmädchen
und Gardetänzerinnen ebenso dazu wie einst Sponheimers „Margittsche“
mit ihrem „Gäll, du hast mich gälle gern“; richtig zu melden hatte
die holde Weiblichkeit aber nichts. Das hat sich geändert, und zwar
gründlich. Ein Elferrat, der nicht nur Orden auf der Bluse trägt,
sondern unter dieser Bluse auch noch etwas „anderes“ hat, wäre vor
noch gar nicht allzu langer Zeit unvorstellbar gewesen. Ohne
Frauenpower kann auch Prinz Karneval nicht mehr auskommen.
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